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: Die Bayern des Kraichgaus

Mit dem Geld von SAP-Gründer Dietmar Hopp soll die TSG Hoffenheim demnächst in die zweite Liga aufsteigen

Der in der Quadratestadt gern zum besten gegebene Spruch „Mannem vorne“ entbehrt im Zusammenhang mit Mannheims Fußball nicht beißender Ironie. Der erste deutsche Nachkriegsmeister von 1949, der VfR, ist inzwischen in der Fünftklassigkeit angekommen; die „Waldhof Buwe“ vom SV Waldhof wiederum stürzten Ränke und Misswirtschaft hinunter in die Tiefen der vierten Klasse. Da ist es kein Wunder, dass heute Abend der Blick der Mannheimer Fußballfreunde frustriert und voller Melancholie rund 50 Kilometer weiter Richtung Süd-Osten geht. Dort trifft Regionalligist TSG Hoffenheim im DFB-Pokal-Viertelfinale auf den Zweitligisten VfB Lübeck und präsentiert sich bei der ARD-Dreierkonferenz Live einem Millionenpublikum.

Das ist so ganz nach dem Geschmack des Dietmar Hopp. Der 63-Jährige, der die nordbadische Software-Schmiede SAP gründete und zum Weltmarktführer machte, steht hinter dem Aufstieg des Dorfklubs aus dem Kraichgau. Mit Hilfe des Geldes des berühmtesten Sohnes des 600-Einwohner-Dörfchens stürmte die Turn- und Sportgemeinschaft innerhalb von zehn Jahren von der A-Klasse in die Regionalliga. Hopp ist einer der reichsten Männer der Republik und wollte Anfang der 90er-Jahre einfach nicht mehr zusehen, wie seine TSG den Bach runterging. Jetzt, knapp 14 Jahre später, steht in „Hoffe“ ein 5.600 Zuschauer fassendes Stadion. Es trägt selbstverständlich ebenso den Namen des Geldgebers wie ein tausend Quadratmeter großes Jugendförderzentrum im benachbarten Zuzenhausen. Der Golfplatz in St. Leon-Rot, auf dem Hopp gerne mit Tiger Woods das Eisen schwingt, ist ebenfalls mit seinen Mitteln erbaut.

Das Konzept der TSG erklärte der Mäzen jahrelang so: „Wir wollen mit Spielern aus der Region bodenständigen Amateurfußball bieten.“ Von diesem Dogma ist Hopp freilich nicht erst seit dem 3:2 gegen Bayer Leverkusen im Pokal-Achtelfinale abgekommen. Nun ist ab der nächsten Saison Vollprofitum angesagt. Mit durchgesetzt hat dies TSG-Trainer Hans-Dieter Flick, den alle Hansi nennen. Seit knapp vier Jahren ist der ehemalige Bayern-Profi Trainer im Garten Eden. Flick machte vor kurzem seinen Fußballlehrer und will bis 2006 – so lange läuft sein Vertrag – mit der TSG in die zweite Liga. Auf jeden Fall möchte der ehrgeizige Flick nach Platz 13 im ersten und Rang fünf im zweiten Regionalligajahr „nicht mehr so weiterwurschteln wie bisher“. Rund 100 bis 150 Stunden mehr Trainingszeit forderte er für seine jungen Spieler beim Gönner ein, um mit „Erfurt und Saarbrücken auf Augenhöhe zu konkurrieren“. Über den Etat schweigt man sich aus, Understatement ist ein zentraler Begriff in Hoffenheim, den auch der intelligente Flick verinnerlicht hat.

Dennoch: Die Erfolge in Verbindung mit den Millionen von Hopp brachte den Fußballern der TSG schnell den abwertend gemeinten Ruf ein, die „Bayern des Kraichgaus“ zu sein. Doch Trainer Flick ist gescheit genug, nicht in einen Kaufrausch zu verfallen, obwohl dies mit Hopps Geld kein größeres Problem wäre. „Ein, zwei Korsettstangen dazu und weiterhin begabte Spieler aus der Region fördern, dann ist ein Aufstieg möglich“, sagt der 38-Jährige. Druck spürt der ehemalige Mittelfeld-Wadenbeißer nicht. Flick genießt das absolute Vertrauen von Hopp.

Dessen Vorbild ist der SC Freiburg, der ebenso wie „Hoffe“ nicht nur in Beine, sondern auch in Steine investiert. Sogar eine Kooperation der beiden Mustervereine ist angedacht. Freiburgs Manager Andreas Bornemann jedenfalls nennt die TSG „seriös“ und „wirtschaftlich solide“. Nach einem Testspiel im Januar tauschten Flick und Freiburgs Trainer Volker Finke zwei Stunden Gedanken aus. „Wir verfügen über eine ähnliche Fußballphilosophie“, sagt Hansi Flick, und Bornemann bestätigt erste kleine Schritte der Zusammenarbeit: „Unsere Jugendtrainer werden sich gegenseitig besuchen und Einblicke in die jeweiligen Förderkonzepte bekommen. Langfristig könnte daraus eine einzigartige Melange zwischen Süd-und Nordbaden entstehen: Vorkaufsrecht des SC für Hoffenheimer Talente und spielpraxisgebende TSG für SC-Bankdrücker.“

Achter ist „Hoffe“ derzeit, mit nur drei Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz. Die Chance, schon in diesem Jahr aufzusteigen, ist groß. Und Hopp malt schon einmal das Szenario für den Fall der Fälle an die Wand: „Unser Stadion ist von der Kapazität am Limit angelangt. Bei Top-Spielen müssten wir nach Mannheim ausweichen.“

„Hoffe“ zum Heimspiel im Carl-Benz-Stadion? Im Dezember spielte die TSG schon einmal dort ein Punktspiel und verlor 1:2 gegen Waldhof. Es war demütigenderweise Hoffenheims Reserve aus der Oberliga, die ausgerechnet vom langjährigen Waldhof-Idol Roland Dickgießer trainiert wird. Den Fußball-Fans in Mannheim bleibt wirklich nichts erspart. TOBIAS SCHÄCHTER